Sunday 19 December 2010

Noch ein paar Bilder...

Hallo ihr Lieben

Hier noch ein paar Bilder fuer euch, die ich in den ersten Monaten meines Freiwilligenjahres geschossen habe. Viel Spass damit und auch weiterhin mit dem blog.

 Meine Heimat auf Zeit: Die Kapregion mit seinen Bergen, dem Meer aus Haeusern, Huetten und dem richtigen Meer. Im Hintergrund seht ihr Signal Hill, Devils Peak und Tafelberg (v.r.). Und den Ort fuer schnelle Erholung, die False Bay mit ihren endlosen weissen Straenden
 
 Hier gibt es allerhand Menschen und ab und an auch so manche Wildtiere. Der Pavian, Baboon genannt, gehoert eigentlich zu den Tieren, denene man nicht so gerne begegnet, weil sie dafuer bekannt sind, dass sie Menschen gerne mal ueberfalle und um Essen erleichtern. Aber wie immer, gibt es natuerlich auch ausnahmen. 

 Hier arbeite ich mit ein paar Menschen und viel Kreativitaet daran, dass es in vielen Schulen Gaerten gibt. Dabei dient uns vieles als Baumaterial. Autoreifen eignen sich zB hervorragend um darin Bohnen und Kuerbisse anzubauen.

 Leider ist es um die Fruchtbarkeit in den Cape Flats schlecht bestellt. Hier wird sprichwoertlich auf Sand gebaut. Daher werden manche Gemuesebeete tief ausgehoben und mit organischem Material aufgefuellt, noch ne Schicht Sand drauf und bepflanzen. 
 
Aber natuerlich gehts auch um die Kinder, sie sehr wissbegierig sind und schon sehr stolz, wenn sie einen Topf in der Erde versenken. 

 Viele der Kinder leben so. Ein Haesermeer soweit das Auge reicht. Natur? Fehlanzeige! Entwicklung und ganz besonders Siedlungsbau heisst in Suedafrika, dass die Natur erstmal komplett platt gemacht wird und dann die Haeuser dicht an dicht gebaut werden, damit man ja viele Menschen unterbringt. 

 Haeuser und Shacks, also Wellblechhuetten stehen nebeneinander. Da viele Haeuser keine Toiletten haben stehen hier und da auch mal ein Dixiklo, dass man sich dann mit seinen Nachbarn teilt. Keine sehr tollen Zukunftsaussichten, wenn man hier geboren ist?...

 Hinzu kommen Krankheiten wie HIV und Tuberkulose, die hier oft versteckt Schicksale bestimmen. Da viele nicht einmal wissen, ob sie sich schon angesteckt haben findet man bei manchen Veranstaltungen, wie hier auf dem Kite Festival, "Beratungsstellen" die aufklaeren und zum Test ermutigen. 

 Ansonsten gibt es hier auch so etwas aehnliches wie einen Alltag. Das hier sind die Drei von der Tankstelle, da hier niemand selbst tankt. Das erledigen ein paar Jungs, die manchmal sogar dein Fenster waschen, waehrend das Benzin in deinen Tank gluckert. 


 Neben Gartenarbeit meistern wir Volunteers bei SEED auch so manch andere Kreative Aufgabe. Hier Nadine beim malen des Banners fuer den Community Market. 

Ende des Jahres gibts Matrik, also Abschluss fuer manche der Kids aus der Highschool. Da wird dann mit Mehl geworfen, rette sich wer kann. Auf dem Bild auch schoen zu sehen: Schulen sind hier oftmals Festungen mit Tor und Stacheldraht. 


 Leider muessen wir uns ab und an auch von geliebten Mitarbeitern trennen, wie hier von Steffi aus USA, deren Zeit bei SEED leider viel zu frueh zu ende ging. Wir haben sie Blumen, Karte und ner Riesenpackung Erdnussbutter-Riegel verabschiedet. *schnueff* 

Und wieder hoch! Wieder ein schoenes Bild von meiner Heimat auf Zeit. Die Farben, die Berge und das Meer von Simonstown. Da wo die Pinguine Wohnen. Bei solch schoener Natur geht einem das Herz auf kann ich euch sagen!

Bleibt nur zu sagen: 
Danke an alle in Suedafrika, die mich hier so warmherzig aufgenommen haben. 
Danke fuer die vielen tollen Erfahrungen.
Danke an alle zuhause, die so fleissig mitlesen. 
Frohe Weihnachten und ein Gutes Neues Jahr!
Wir sehen uns wieder in 2011!

Endlich Sommerferien

15. Dezember

Ja, es klingt komisch, diesen Sonntag ist vierter Advent und hier beginnen die Sommerferien. Stellt euch das nur mal vor! Weihnachten ist hier keine Zeit wo man sich ins warme Haus und in sich selbst zurückzieht um Kraft zu tanken, hier legt man sich an den Strand oder geht Wandern. Ich muss zwar sagen, dass es dank des Windes nicht unerträglich heiß ist aber irgendwie besinnlich ist es auch nicht gerade.

Das Schuljahr endet hier mit dem Kalenderjahr und so sitzen wir bei SEED gerade noch die letzten Tage ab, bevor es auch für uns heißt „Ab in den Urlaub!“. Es wird noch so ein bisschen im Büro herumgegruschelt, aber im Grunde is Feierabend. Die Tage haben wir einen Reifen zum reparieren gebracht. Leider habe ich keine Bilder von dem Schuppen, aber es war wieder so richtig aufregend afrikanisch. Der Laden war ein mit Wellblech abgedeckter Bereich in dem viele Reifen lagerten, alte Teppiche aus Autos bildeten den Fussboden. In unserem Reifen steckte eine Schraube die erstmal fachmännisch mit einem Schraubenzieher entfernt wurde. Dann wurde ein Gummistück so groß und lang wie ein Bleistift auf sowas wie eine Nadel aufgefädelt und ganz tief in das Loch gezwängt. Nadel raus, aufpumpen, in einer Badewanne mit Seifenwasser abwaschen und nach weiteren Löchern suchen, fertig. Das Gummiteil schaute noch nen cm raus, aber das fährt sich weg, war die lapidare Antwort die man uns gab. Macht dann 20 Rand (ca. 2€). Tjo, so geht das in Mitchell's Plain.

Vor ein paar Wochen haben wir mit ein paar Community-Members Orangenmarmelade gemacht. Die Idee ist, dass die Leute in Zukunft selbst Marmelade herstellen, die sie dann verkaufen können. 

Theos Kochstudio, alias SEED-Office

Sehr witzig fand ich, dass die Maenner im Kurs sich eher fuer cash, also den wirtschaftlichen Aspekt der Marmeladenherstellung interessierten (Kosten, Vermarktung, Gewinn usw.) waehrend die Damen sich eher fuer guten Geschmack und weitere Marmeladen-Rezepte fuer sich und ihre Lieben begeisterten.

Man ist nie zu alt zum Lernen

Für mich ist es erstaunlich, dass die Leute nicht wissen, wie man Marmelade macht. Andererseits, wie kommt es, dass so viele Menschen in meiner Heimat wissen, wie es geht? Woher haben wir das wissen? Und das obwohl wir noch nicht mal Geld damit machen?
Neben dem Herstellen der Marmelade haben wir auch eine kleine Wirtschaftlichkeitsrechnung gemacht, damit sie auch wissen, für wieviel Geld sie die Marmelade verkaufen müssen um Gewinn zu machen. Auch dieses Wissen, Unternehmerisches Grundwissen, ist den meisten wohl sehr fremd. Ich frage mich woher das kommt. Oder mal wieder, wie es kommt, dass viele Deutsche das ganz selbstverständlich zu haben scheinen?
Und ist es dieses Wissen, das die Menschen hier brauchen um sich selbst zu helfen?

Gestern waren Yoli und ich bei einem Jungen in Guguletu, den wir mit Gartenutensilien versorgt haben. Er ist Schüler an einer „unserer“ Schulen und hat sich zuhause einen kleinen Garten, nicht größer als ein kleines Zimmer, aufgebaut. Es war für mich richtig toll mal ein Haus im Township zu besuchen. Es war ein gemauertes Haus, aber man konnte sehen, dass sehr oft und mit allen möglichen Materialien angebaut wurde. Im Haus waren viele Kinder und Frauen versammelt. Deshalb auch der Anbau. 

Nachwuchsgaertner in Gugs?

Trotzdem hat dieser Junge es geschafft in diesem klitzekleinen Hinterhof eine grüne Oase zu schaffen. Zugegeben noch sehr rudimentär und ohne Permakultur, aber immerhin. Wir haben ihm also Gemüsesämlinge, Erdbeerpflanzen (immer sehr begehrt), ein paar Sträucher, Kompost und Mulch mitgebracht. Über die Ferien darf er sich die Gießkanne von uns ausleihen. Seine Mama war auch da und stolz wie Oskar, dass ihr Junge sich lieber um den Garten kümmert, als auf der Straße rumzuhängen und Mist zu machen, wie sie sagt. Sie war so dankbar für die Materialien dass sie uns Geld dafür gegeben hat. Sie sagte, wir dürfen das Geld nicht ablehnen, weil es ihr Herzenswunsch ist uns zu danken. Sie hat das in Englisch gesagt, damit ich es auch verstehen kann. Ansonsten wurde nämlich nur Xhosa gesprochen. Ich finde das sehr aufmerksam und respektvoll. 

Minigarten in Guguletu
Yoli beim Erklaeren

Ich  bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass diese Menschen einfach unglaublich schwer Zugang zu den Materialien haben und es für sie eine große Sache ist, wenn ihnen jemand etwas davon bringt. Sie wissen einfach nicht, wo sie Kompost herbekommen sollen und ohne wächst auf dem Sand halt nix. Und eine „Baumarktflut“ wie man sie zuweilen in Bayern feststellt gibt es hier nicht.

Das war nochmal ein schönes Erlebnis vor den Ferien.
Eine andere Sache die ich sehr schön finde zur Zeit ist die Vorfreude auf Christoph, der am Sonntag kommt. Viele Leute wollen ihn kennenlernen. Ihn, diesen unglaublichen Typen, der seine Frau für ein Jahr gehen hat lassen, damit sie jetzt hier sein kann und den Leuten hier mithilft. Sie fragen sich bestimmt was für ein Mensch das ist. Vor allem der Direktor von Rocklands ist sehr neugierig auf Christoph, aber er wird ihn wohl (erstmal) nicht kennenlernen, da ja Ferien sind. Auch meine Kollegen sind sehr (angenehm) neugierig und Theo wird Christoph sogar mit mir vom Flughafen abholen. Ich finde es toll wie warm und herzlich diese Menschen hier neue Erfahrungen begrüßen. Die Grundeinstellung gegenüber Fremden ist positiv, nicht misstrauisch. Eine tolle Eigenschaft.      

Monday 6 December 2010

Dichtes Leben

4. Dezember

Wow, schon Dezember. Die Zeit fliegt für mich. Kein Wunder, bei  all den Dingen die hier passieren. Das war auch der Grund, warum ich gerade etwas strauchle mit der regelmäßigen Berichterstattung vom südlichen Ende (oder Anfang) der Welt. Ich versuche mal etwas zusammenzufassen, was hier gerade passiert und was mich so beschäftigt. Alltag ist derzeit übrigens Fehlanzeige. Wie gesagt, ich komm mit nichts hinterher und wenn meine fürsorglichen Mitbewohner nicht wären würde ich wahrscheinlich nur noch Toast mit Erdnussbutter und Marmelade essen.

Beginnen wir mit dem National Workshop von SEED. Der fand dieses Jahr auf der Permakultur Farm Berg-en-Dal (ihr habt es schon erraten, das ist Afrikaans für „Berg und Tal“) in der Klein Karoo statt. Auf dem Workshop, zu dem alle SEED Mitarbeiter aus ganz Südafrika angereist waren, sollten Teamgeist gestärkt, Stärken und Schwächen von SEED erkannt und besprochen und die Ziele für das kommende Jahr festgelegt werden. Wir Freiwilligen, also Nadine, Valerie und ich durften zum Workshop als „kitchenslaves“ (Küchensklave) bzw. „kitchenfairies“ (Küchenfee). Will heißen wir haben die vier Tage für die gesamte Mannschaft gekocht und hatten daher wenig Zeit den Vorträgen und Aktivitäten der anderen beizuwohnen. Naja, wir sind halt die Freiwilligen und keine richtigen Angestellten von SEED. 

Berg en Dal ... irgendwo im Nirgendwo
Nichts desto trotz war es eine grandios Erfahrung, da die Farm sprichwörtlich irgendwo im Nirgendwo war.
Das Leitungswasser kam aus dem Fluss und war nur zum Waschen geeignet. Trinkwasser kam aus großen Wassertanks, die mit Regenwasser gefüllt waren.
Strom gab es nur, wenn die Photovoltaikanlage genug produziert hatte und die Autobatterien voll waren.
Kühlschrank: Fehlanzeige
Toilette: Komposttoilette wo jedes Geschäft mit einer Hand Sägespäne besiegelt wird
Handyempfang: spärlich
Wilde Tiere: einige, auch mal giftige Baum-Schlangen im Garten und Mäuse in der Küche
Ruhe: reichlich
Nette Menschen: Zu Hauf
Essen: ausschließlich Vegetarisch aber saugut
Landschaft: Karg aber grandios. Wüste eben
Unterkunft: Zelt
Nächte: eisig
Tage: heiß  

Unser morgentlicher Weg zum Haupthaus
Kompostklo (links) und Outdoor-Bad (rechts)
Dornen ueberall

Ich kann gar nicht richtig beschreiben, was ich alles Erlebt habe dort. Es war einfach eine Erfahrung, ein Gefühl das zurück bleibt. Ich kann nur sagen, es tat und tut zwischendrin ganz gut sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu konzentrieren. Scham gehört z.B. nicht dazu. Da es kein Licht gab, nirgends, und die Toiletten draußen waren mussten wir uns immer gegenseitig leuchten, damit wir auch das Loch trafen. Scham ist da völlig fehl am Platz und wir haben uns schnell davon verabschiedet. 

Yoli auf der Suche nach Handyempfang
Keim Empfang, dann halt tanzen und die anderen anfeuern
Into the wild
Wir haben eine Schule besichtigt, die nach allen Regeln der Kunst und Permakultur auf Vordermann gebracht wird. Wir haben unglaublich intelligente Taktiken gesehen um das wenige Wasser das in der Karoo vom Himmel fällt möglichst effizient zu nutzen. Es war wirklich toll eine SEED-Schule außerhalb von unseren Cape-Flats zu sehen. 

Kastenbeete mit Gemuese und Wein
Genialer Outdoor-classroom ... da will man doch wieder Schueler sein
An einem Tag haben wir dann auch so etwas wie eine Klettertour durch ein Tal mit einem kleinen Bach gemacht. An manchen Stellen musste man schwimmen um weiter zu kommen. Aber wie ich schon sagte sind die Menschen hier sehr unkompliziert, weshalb wir samt Klamotten ins Wasser gesprungen sind. Daher habe ich leider auch keine Fotos von Kloof, diesem wunderbaren Ort der noch so ganz der Natur zu gehören scheint. Ich bin barfuss über große Felsen geklettert bin mit Schuhen durch den Bach gewatet, hab mich durchs Gebüsch geschlagen, wurde von kleinen Fischen angeknabbert, bin im gleichen Wasser geschwommen wie eine Wasserschlange und habe mich auf einem Stein von der Sonne trocknen lassen. So fühlt sich Leben an!

Aloe in ihrer natuerlichen Heimat
Ganz abgesehen davon dass ich nicht weiß wo in Deutschland man so etwas erleben kann, bin ich mir fast sicher, dass die meisten Deutschen eine solche Tour als gefährlich ansehen würden. An vielen Stellen hätte man fallen können und es wäre schwer einen verletzten aus Kloof zu transportieren. Naja, wie gesagt, das wird hier alles nicht so eng sehen.

In diesen Räumen wurde die vegetarische Küche neu erfunden.
Oase in der Wueste ... der Blick aus dem Kuechenfenster
Obwohl wir Freiwilligen nicht am Workshop teilgenommen haben, habe ich unglaublich viel für mich dazugelernt. Es hat mich z.B. unglaublich beeindruckt, dass die Menschen dort kein negatives Wort verlieren. Über nichts und niemanden. Alle sind unglaublich positiv eingestellt. Es gibt keine Probleme nur Challenges (Herausforderungen) um deren Lösung man bemüht ist. Man beschwert sich nicht, sondern ist auf die Lösung des Problems, äh der Herausforderung fixiert. Es wird sehr viel gelacht und alle haben eine sehr gelassene Sicht der Welt. Wie gesagt, es gibt keine unlösbaren Probleme nur große Herausforderungen. 

Die gesamte SEED-Crew von Suedafrika
Nach Berg-en-Dal und zurück in der kapstädter Realität habe ich nach dem ersten Freudentaumel über mein Bett mit Matraze (wir mussten in Berg-en-Dal campen und 4 Nächte auf der Isomatte...langsam bin ich zu alt dafür) eine überraschende Neuigkeit mitgeteilt bekommen: Noch in diesem Jahr müssen wir aus unserem Haus ausziehen, da der Hausbesitzer es zurück will. Eigenbedarf. Da wir einen 6 Monatsvertrag haben müssen uns die Landlords (Hausverwaltung) ein neues Haus besorgen, aber das erste das man meinen Mitbewohnern gezeigt hat, war grauenhaft, wie sie selbst sagten. Naja, mal sehen wo das noch hinführt, aber so wie es aussieht muss ich am 31. Dezember umziehen. Ich hoffe das letzte mal. Also falls mir jemand Post schicken will könnte es sein, dass sie mich hier nicht mehr erreicht. Sobald ich meine neue Adresse habe schicke ich sie euch. 

Dieses Wochenende ziehe ich in ein neues Zimmer. Bevor es soweit ist, zeige ich euch noch ein Foto von meinem noch-Zimmer, das ich sehr geliebt habe. Aber auch das neue Zimmer wird toll und ich freue mich sehr auf meine neue Zimmergenossin Patricia.

Die Nacht von Freitag auf Samstag hat dann die nächste Sache geliefert, die so gar nicht nach Alltag riecht. Wir haben derzeit das Obz-Festival bei uns. Obz ist die Kurzform für Observatory, dem Stadtteil in dem wir leben. Das Festival ist ganz groß, die ganze Hauptstraße des Viertels ist abgesperrt und man kommt nur gegen Eintritt rein. Deshalb kann ich euch diesen Blogeintrag nicht so aktuell online stellen wie ich ihn geschrieben habe. Unser Internetcafe liegt im „Sperrbezirk“.
Das Festival bedeutet neben Musik, netten Ständen und Leuten natürlich auch viele Betrunkene. Alter saufen die hier viel, wie Anna sagen würde. Das ist echt nicht normal. Und die afrikanischen Männer gehen dann gerne mal sehr offensiv auf die Jagd, vorzugsweise nach weißen Mädels. Das finde ich echt unangenehm wenn sie mit ihrer Bierfahne vor mir stehen und irgendeinen Blubb von sich hinsabbeln. Wenn sie dann auch noch touchy werden, also versuchen an einem rumzufingern, hörts bei mir auf. Dann heißt es Flucht ergreifen oder sich hinter einem unserer Jungs zu verstecken. Wir Frauen sind hier echt Freiwild für so manche Männer. Aber keine Angst, ich pass auf mich auf. 

Aber zurück zu letzter Nacht. In einer Disco ist es, sehr wahrscheinlich unter Alkoholeinfluss, dann zu einer Schlägerei gekommen. Ein paar Mitbewohner von mir waren in der Disco als es losging. Im Gerangel wurde einer Mitbewohnerin die Tasche mit Handy, Kamera und Haustürschlüssel geklaut. Ein paar Minuten später, die Raufbolde haben den Streit nach draußen verlegt, kommt die Polizei in die Disco und erklärt die Party für beendet, da gerade einer der beiden Streithähne gestorben sei. Sein Gegner hat ihn mit einer zerbrochenen Bierflasche so böse verletzt, dass er auf der Straße verblutet ist. Vor unserem Internetcafe. Meine Mitbewohnerinnen haben die Leiche noch gesehen und sind entsprechend verstört nach Hause gekommen.
Am nächsten Morgen stand dann der nächste Schock an, in der gestohlenen Tasche war einer der Hausschlüssel zu unserem Noch-Domizil. Es wäre möglich, dass sogar noch das Schild mit der Adresse dranhängt. So genau wissen wir es nicht. Wir sind jedenfalls wachsam, wer gerade unser Haus betritt.

Ich kann euch sagen, manchmal fühlt es sich echt zuviel an, was hier passiert. Wie gesagt, es kommt alles Schlag auf Schlag und ich hab gar nicht so recht Zeit darüber nachzudenken. Ich weiß noch gar nicht recht ob es schlimm ist, dass der Schlüssel weg ist oder nicht. Unsere Landlords sind da gelassen und wollen nur den Schlüssel nachmachen lassen. Von Schlösser auswechseln keine Spur. Unsere afrikanischen Freunde sagen uns, dass das einfach ein Taschendieb war und der mit dem Schlüssel nichts anfangen wird, weil er nur auf das Geld scharf ist.
Um die Sache noch absurder zu machen hat Vladimir heute sogar mit dem Dieb telefoniert, über das Handy in der geklauten Tasche. Und der Dieb will die Sachen an einem Treffpunkt zurückgeben, wenn... ja, das wusste er eigentlich auch noch nicht so genau, was er dafür will. Ist das nicht verrückt?

Wie gesagt, all diese Sachen sind ganz neu passiert und wir wissen noch nicht so genau wie es weitergeht. Das Schlüsselthema ist jedenfalls spätestens am 1. Januar gegessen, wenn wir hoffentlich ein neues schönes Heim beziehen. Wer weiß wofürs gut ist, wa?

Ach, und bevor ichs vergesse: Ich habe heute, Samstag, gearbeitet auf unserem Community Market, der sehr schön war nur leider (noch) nicht so viele Leute angezogen hat. Das war auch nochmal ein ganzes Stück Arbeit, aber jetzt freue ich mich auf zwei freie Tage an denen ich erstmal ne Auszeit nehme von diesem intensiven Leben. Mal sehen, was ich mache, vielleicht Strand, vielleicht besuche ich auch endlich mal den Paulaner Biergarten in der City. Das ist schon wieder so surreal. Biergarten am 2. Advent.
Aber hey, heute hab ich mir schon mal einen Obazdn zusammengezimmert. Bin halt doch in erster Linie Exilbayerin. ;)  

Also ihr Lieben. Ich wünsche euch einen schönen Advent und denkt ab und zu an mich wenn ihr vor „unlösbaren“ Herausforderungen steht. Ich denk an euch und schick euch warme Grüße vom Kap.

Deutschland vs. South Africa

26. November

Jetzt bin ich fast zwei Monate hier und möchte nun doch etwas zum Thema „In einem anderen Land leben“ schreiben. Besonders in den letzten Tagen habe ich ganz stark bemerkt, dass meine Gedanken oft um Deutschland kreisen. Ich denke viel darüber nach, wie es wohl wäre jetzt einfach in Deutschland zu sein, ja auch wie es denn so war in Deutschland. Meine Realität sobald ich das Haus verlasse ist Südafrika. Ich komme damit denke ich ganz gut zurecht und es fühlt sich ja immer gut an, wenn man einen Ort schon ein bisschen besser kennt. Trotzdem stelle ich fest, dass „wir Deutschen Freiwilligen“ immer mehr anfangen unsere Traditionen aus Deutschland abzugrasen. Da kommt alles zur Sprache vom Adventskranz bis zu den Spätzle, die wir übrigens schon gemacht haben. Es ist sehr seltsam welch große Bedeutung jedes kleine Ding das aus Deutschland kommt und uns an unsere Heimat erinnert, Freude in uns weckt. Anna hat heute zB Marzipankartoffeln und Merci aus ihrem Schrank hervorgekramt. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie gut deutsche Schokolade zu der hiesigen schmeckt. Ich glaube Schokolade hat in einem Land wie Südafrika wo es meist zu warm für Schoki ist, kaum Bedeutung.
 
Na jedenfalls sind die Marzipankartoffeln insofern ein Sensation als ich hier noch überhaupt kein Marzipan gesehen habe. Zumindest keines aus Mandeln. Marzipan hier ist aus allem möglichem gemacht nur keinen Mandeln. Der Link zu den Mandeln entsteht höchsten dadurch, dass die Zuckermasse „Almond Flavour“ (Mandel Geschmack) aufweist. Überhaupt vermisse ich hier das „echte Zeug“. Es gibt viele Lebensmittel mit Farb- und Aromastoffen, wo ich keinen Sinn darin sehe. In Fruchtsaft zB hat meiner Meinung nach künstliche Aromen nichts zu suchen. Vanille Extrakt kommt aus dem Labor und richtigen Vanillezucker, Fehlanzeige.

Zum Thema Lebensmittel folgt noch ein Eintrag, versprochen. Das ist nämlich echt seltsam, was hier an manchen Stellen abgeht. Da vermisse ich dann tatsächlich schon manchmal meine deutsche Produkte. Und die unter euch, die mich etwas besser kennen wissen, dass ich alles probiere, aber hier hab ich bei manchen Dingen echt kein Interesse angesichts der Zutatenliste.

Sobald ich von der Arbeit heimkomme ist mein Abend sehr deutsch geprägt. Klar, wir Mädels kochen recht deutsch und tun das auch gerne, weil es uns irgendwie an Deutschland erinnert. Warum wir das brauchen, bzw. wollen weiß ich nicht so genau. Aber ich möchte eigentlich in Zukunft darauf achten, dass ich alles eben nicht nur deutsch mache, denn das ist es was wir von zuhause kennen. Das sind wir gewohnt und hinterlässt ein gutes Gefühl von „richtig gemacht“ in mir. Wie es den anderen Freiwilligen damit geht, weiß ich nicht. Ich jedenfalls fühle mich gerade etwas zu wohl damit mich mit deutschen Dingen zu umgeben. Ich habe das Gefühl, dass ich mich dadurch für dieses großartige Land verschließe. Ich hoffe dass es nur eine Phase ist und bald wieder verfliegt. Aber ja, ich muss zugeben dass ich noch nie so lange weg war von zuhause. Es ist alles Neuland für mich, auch wie ich mit dieser Situation gerade fertig werde.

Mein Geburtstags-Braai mit deutschem Kartoffelsalat und Boerewors
 
Die Zeit verfliegt zwar irgendwie schnell, aber die Zeit die noch vor mir liegt erscheint mir noch sehr lange. Es gibt noch so vieles, was ich erleben kann. Daher bin ich sehr gespannt wie sich meine Wahrnehmung von Deutschland noch entwickeln wird in den nächsten Tagen und Wochen.  

Ja, ich gebe zu, manchmal machen mir südafrikanische Eigenheiten noch Angst oder nerven mich sehr. In diesen Momenten entscheide ich dann aufs neue, dass ich mich dem nicht anpassen will und ich es voll ok finde, dass ich Deutsche bin. Ob mir das mit Japan auch so gehen würde?
Da ist zB die Art wie man hier an Arbeit rangeht: Oft ohne Plan und nach dem „Schaun mer mal“ Prinzip (Winke an Uwe). Das ist zwar meist ganz witzig aber ich ertappe mich oft genug dabei wie mich diese Art um an Dinge heranzugehen auch nervt. Es lässt mich mit einem unguten Gefühl zurück, wenn ich eine Sache nicht wenigsten ein bisschen vorher durchdacht habe.
An diesem Punkt will ich mich nicht anpassen. Aber das wirft ja auch die Frage auf, ob das je mein Ziel war, bzw sein sollte. Ich will mich auf dieses Land einlassen können, aber meine Verbindung zu Deutschland ist derzeit noch so stark, dass es mir glaube ich schwer fällt. Immer noch habe ich das Gefühl, dass dies ja nur für sehr kurze Zeit meine Heimat sein wird. 


Dennoch, ich denke Heimweh fühlt sich ein wenig anders an. 

Am Kap der guten Hoffnung

Saturday 27 November 2010

Rassismus

25. November

Bevor ich in Südafrika ankam habe ich mir natürlich die Frage gestellt wie es wohl sein wird, wenn ich als Weiße im Township arbeite. Jetzt da ich hier bin ist es ziemlich so, wie ich mir gedacht habe, Ich, Nadine und Bood sind so ziemlich die einzigen Weißen weit und breit. Außer SEED Mitarbeitern und ein paar Besuchern von SEED habe ich in noch keinem Township einen weißen gesehen. Na, stimmt nicht ganz. Einmal habe ich in Delft (könnt ihr selbst mal bei Google Maps oder so  guckn, wo das ist) ein weißes Pärchen Hand in Hand durch die Straße spazieren gesehen. Die haben aber auch nicht schlecht Aufmerksamkeit von den Kindern bekommen, die laut rufend auf sie gezeigt haben.

Ich dagegen hatte bei meiner Arbeit mit SEED nie das Gefühl, dass ich als Weiße gesehen werde. Ich bin eine Mitarbeiterin von SEED. Zugegeben eine Deutsche und damit interessant (Deutschland hat wohl auch durch die Fussball WM ganz schön an Popularität hier gewonnen. Viele Kinder kennen Namen von unserer National 11... und fragen mich wie die denn so sind, so als ob wir Deutschen uns alle persönlich kennen). Meine Hautfarbe ist seltener ein Thema als z.B. meine Unfähigkeit Xhosa oder Afrikaans zu sprechen aber ich glaube manche Kinder sind einfach verdutzt, dass es noch andere Sprachen gibt, die man wirklich flüssig sprechen kann. Oh und einmal wurde mein Haar ausgiebig beäugt und angefasst. Es ist einfach ganz anders, so hell, glatt und fein.
Anna hat erzählt, dass die behinderten Kinder bei ihr in der Arbeit sie oft einfach ablecken, weil sie nicht glauben können, dass die Haut so hell ist. Erfahren mit allen Sinnen.

Fuer Kinder sind wir die grosse Attraktion...
und manchmal auch potentielle Geldquellen

Wie gesagt, viele Weiße verirren sich nicht ins Township, was ich teilweise verstehen kann, da es meist nichts von Interesse gibt, weder Einkaufsmöglichkeiten, noch besondere Bauwerke, da es ja keine historischen Stadtzentren gibt. Das finden die Anwohner im übrigen auch nicht so super, wie ich mal einem Leserbrief des Plainsman (Lokalzeitung) entnehmen konnte. Es sind einfach riesige Ansammlungen von Wohnhäusern mit ab und an einem Supermarkt und vielen Schulen und Kirchen dazwischen.

townhip Nyanga: Huetten, Truemmer, Dixiklo und ... SPAR Supermarkt

Teilweise kann ich es nicht verstehen, warum die Weißen die Townships meiden, denn unsicher fühle ich mich hier nicht. Zugegeben, hier geht’s schon manchmal seltsam zu. Diese Woche gab es z.B. eine Verfolgungsjagt. Am hellichten Tag wurde ein Auto gestohlen und die Polizei hat keine Zeit verloren und die Diebe verfolgt. Die Flucht nahm direkt vor unserem Office ein Ende als die Diebe versucht haben in vollem Karacho eine 90° Kurve zu nehmen. Das hat nicht so gut funktioniert und das Auto ist auf den Bordstein gekracht. Sowas passiert, trotzdem habe ich keine Angst Tag für Tag im Township zu arbeiten. Tag und Nacht ist ja nochmal ein gewaltiger Unterschied hier. Aber dazu ein andermal mehr. 

Und trotzdem! Es gibt noch genug Momente wo ich mich hier in Kapstadt nicht wohl fühle weil ich Weiß bin. Das sind z.B. solche Momente wenn ich mit ganz vielen Menschen, meist schwarz und colored, im Zug sitze und ein Bettler nur mich um Geld bittet. Das sind Momente wenn ich von Kindern an den Schulen nach Geld gefragt werde.
Wir haben darüber auch schon in der WG gesprochen und vielleicht ist das auch eine Form von Rassismus. Allein aufgrund unserer Hautfarbe werden wir für wohlhabend gehalten und das ist manchmal ziemlich nervig, denn wir haben als Freiwillige wirklich kein üppiges Gehalt. Es reicht zum (Über-)Leben, mehr aber auch nicht. 


Freunde: Nigel (Ghana), Jerrick (Kenia) und Vladimir (Tansania) (v.l.)

Ich habe beobachtet, dass es z.B. in Einkaufszentren häufig so ist, dass der Boss eines Ladens weiß ist, der Rest der Angestellten schwarz oder colored. Ich frage mich woran das liegt. Ich meine warum ist nur der Boss weiß? Warum gibt es so wenige Nicht-Weiße-Chefs? Bringen die Weißen das Startkapital mit um einen Laden zu eröffnen? Liegt es am Know-how? An der Mentalität? Ich versuche der Frage noch nachzugehen. 

SEED 2

23. November

Es ist wieder mal an der Zeit, dass ich etwas zu SEED erzähle, bzw. zu meiner Arbeit bei SEED.
Wie ich schon erzählt habe, war ich im Oktober hauptsächlich mit Yoli unterwegs, weshalb meine Wochen recht strukturiert waren. Yoli betreut 4 Schulen zu denen sie je an einem Wochentag fährt. Freitag ist Office-Day an dem, wie der Name schon vermuten lässt, alle Facilitator im Büro sind und dort Papierkram erledigen, Meetings mit Leigh (Chefin) abgehalten werden und die nächste Woche besprochen werden kann.
Bei meiner Arbeit mit Yoli habe ich die 4 Schulen, die sie betreut, besser kennengelernt und auch einige Kinder und Lehrer richtig lieb gewonnen. Wir waren jede Woche dort um Unterricht zu halten und mit den Kindern im Garten zu arbeiten.


Gartenarbeit waehrend der Schulzeit

So mag ichs am liebsten: Kinder die was fragen.

Yoli hat eine wunderbar gelassene Art um an alles heranzugehen. Sie bleibt so gut wie immer cool. Es muss schon etwas absolut dummes passieren, dass sie mal aus der Haut fährt. Ich glaube ihr ruhiges Temperament hat mir sehr geholfen in die afrikanische Lässigkeit einzutauchen. Ich war es viel zu oft gewohnt auf Situationen mit Stress und Sorge zu reagieren.

Yoli and me

Hier habe ich nicht das Gefühl, dass sich die Leute annähernd so viele Sorgen um alles mögliche machen. Das geht schon mit kleinen Dingen los wie vom selben Löffel essen. Ich weiß nicht genau, warum das in Deutschland keiner macht, oder es gar als eklig bezeichnet wird, aber eigentlich verstehe ich gar nicht, warum man es schlimm findet. Vielleicht ist es die Sorge, dass man sich am Speichel des anderen etwas holen kann, auch wenn mir grad nicht einfällt welche Krankheit das sein könnte. Oder ein Beispiel aus unserer täglichen Arbeit: Scharfe Kanten an Draht und Kinder passt nicht zusammen? Kann man nix machen. Also warum sich Sorgen machen? 

Wem Farbe auf den Kopf tropft, selber Schuld

Na was ich eigentlich sagen wollte: Ich habe das Gefühl, dass die Leute sich hier um weit weniger kleine Dinge Sorgen machen als in Deutschland. Entweder das oder sie zeigen es nicht so. In jedem Fall fühlt es sich für mich angenehmer an. Hoffentlich kann ich mir das ein wenig bewahren.

Im November bin ich mit Theo unterwegs, ein lustiger Typ, der immer viel um die Ohren hat. Er hat zwar auch diese südafrikanische Gelassenheit ist aber doch wieder ganz anders als Yoli. Da er viele „Nebenprojekte“ am Laufen hat, muss ich mir schonmal selbst Arbeit suchen, was ich aber meist als sehr angenehm empfinde. So bin ich diesen Monat in den Genuss gekommen Mzu in der Nursery zu helfen, die aus meiner (fachlichen) Sicht dringend ein paar Upgrades nötig hatte. Und auch Bood konnte ich einmal an ein paar seiner Schulen begleiten. Bood  ist der Künstler und Chef-Improvisator. Er hat viele tolle Ideen, die er auch umsetzt. Ein kleines Energiebündel.

Reifengaerten unter Eukalyptus

Eine Sache die an der Arbeit bei SEED so ganz anders ist als in Deutschland ist der Gebrauch von Materialien. In Deutschland sind wir es gewohnt etwas zu kaufen, wenn etwas fehlt. Draht z.B.. Hier dagegen wird bei Bedarf erst mal eine Art Müllplatz nach Draht abgesucht. Angerostet? Egal! Scharfe Kanten? Gehört dazu.

Unser "Fundus" fuer Holz Reifen, Mulch... Schieferling-Garantie

Ich muss gestehen einen ganzen Haufen meiner Arbeitszeit habe ich schon darauf verwendet aufzuräumen. Alles mögliche, Regale, Lagerräume, Nursery, was eben anfällt. Ich finde es einfach unpraktisch gewissen Dinge die man häufig braucht immer wieder aufs Neue suchen zu müssen. Noch dazu habe ich Dinge beim Aufräumen gefunden, die man echt nochmal brauchen kann, die aber schlichtweg verschüttet waren.
Ob meine Mama das jemals für möglich gehalten hätte, dass ich mal so etwas sage, wo ich doch als Kind ganz schlecht im Zimmer aufräumen war? Jedenfalls habe ich von Stefan vor meiner Abreise noch eine wichtige Lektion beim Ausräumen des Schuppens in der Leinthaler erhalten: Manchmal muss man sich einfach rigoros von Sachen trennen.
Aber wie gesagt, Vorsicht, vielleicht kann man das ja nochmal brauchen. Denn mit Kaufen is nich. Zumindest nicht wenn sich's vermeiden lässt.  

Mzoli's

31. Oktober

Ich war so eben (ist jetzt schon ein Weilchen her) in sowas wie einer Vegetarier-Hölle, wenigstens einer Vorhölle. Der Laden heißt Mzoli's und ist im township Guguletu. Eigentlich ist es „nur“ sowas wie eine Metzgerei, wo man sich Fleisch und Würste aussucht, das dann in Gewürzen und Soße gewendet wird, man zahlt und gibt es im Nebenraum den Grillmeistern zum Grillen. In etwa einer Stunde kann man dann wieder kommen und es sich abholen. Zusammen mit der Stunde die man fürs Fleisch anstehen muss kommt man auf einen typischen afrikanischen Tag. Warten. Aber man wartet ja nicht allein. Es sind unglaublich viele Menschen auf der ganzen Straße unterwegs und machen Party. Natürlich haben sich auch hier Ruck Zuck kleine „Unternehmen“ gebildet die zB Eiswürfel oder aus alten Flaschen hergestellte Gläser verkaufen. Das alles wird von einem ohrenbetäubenden Lärm aus dem ewig gleichen Technobeat übertönt. Es gäbe zwar auch so etwas wie ein Zelt in dem man sitzen und essen kann, aber das ist natürlich heillos überfüllt.

Grillen am laufenden Band

Das Fleisch schmeckt grandios, aber alles in allem muss man schon mit den Stressfaktoren „Menschenmenge“ und „Lärm“ gut umgehen können um den Ort zu genießen. Natürlich hatte ich auch wieder so einige Begegnungen mit sturzbetrunkenen Männern. Am frühen Nachmittag. Das mit dem Alkohol ist hier echt ein Problem. Ein Großes. Aber es ist immer einfacher so einen lallenden Typen mit blutunterlaufenen Augen und Grabschfingern loszuwerden, wenn wir in männlicher Begleitung sind. Ohne die sind wir hier echt Freiwild. Vor allem Anne mit ihren strohblonden Haaren. Ich finde das ehrlichgesagt eine Tragödie wenn die Kerle sich so volllaufen lassen.

Und was wäre ein Ausflug ohne noch ein bisschen Nervenkitzel? Als wir zurückfahren wollten fiel unserem Fahrer, Zino aus Kongo ein, dass er den Warnblinker vergessen hat auszuschalten und jetzt war die Batterie leer. Also mussten die Jungs schieben und er hat irgendwie mit den Pedalen rumgemacht um das Auto zu schieben. Wenn jemand weiß, was die Jungs da gemacht haben, erklärt mir das mal bitte. Ich bin davon ausgegangen, dass man eine leere Batterie mit Fremdstarten wieder so voll bekommt, dass es wenigstens zum Starten reicht.

Naja, wir waren jedenfalls nicht lange allein mit dem Problem. Sofort kam jemand mit Sachverstand, einer lauten Stimme und einer Flasche Bier in der Hand. Die Straße war ohnehin ziemlich belebt und viele Autos unterwegs. Unser Helfer hat dann erstmal seinen Fachmännischen Senf dazugegeben „Your car is fucked, man. It's flooded!“ Was auch immer. Er hat dann jedenfalls ein anderes Auto auf der Straße aufgetan, das uns fremdstarten konnte, aber natürlich nur gegen einen kleinen Beitrag von 20 Rand. Ei, die bin ich gerne bereit zu zahlen, wenn ich dafür nicht in Gugz (kurz für Guguletu) übernachten muss. Ist ja nicht so die lauschige Gegend, dazu noch die ganzen Besoffenen Typen... Na jedenfalls hat unser Auto trotz aller Bemühungen nicht gestartet  und wer hätts gedacht „Your starter is fucked, man!“ Wie gesagt unser lautstarker Helfer war vom Fach und das war sein Kommentar nachdem der immer noch mit dem Bier in der Hand unseren Motor inspiziert hatte.
Irgendwann meinte er, er will das mit dem pushen nochmal versuchen, also haben unsere Jungs die Karre nochmal über die Straße gepusht und siehe da, der alte Toyota läuft! Und wie! Der Fahrer ist erstmal voll aufs Gas getreten dass es nur so geraucht und gequitscht hat. Im ersten Moment dachte ich, jetzt ist er und das Auto auf und davon, weil er gar so fetzig in die Kurve ist, aber er kam mit Vollgas auch wieder zurück.
Also bekam der Fachmann mit dem Heineken in der Hand die 20 Rand, die der andere Typ vorhin dann doch nicht bekommen hat, weil das Auto ja nicht gestartet hat.

Tja, unser kleines Abenteuer am Sonntag.

Heineken-Mann fingert an der Batterie rum... Zack beaufsichtigt die Aktion

Ein paar Sonntage danach wurde ein Touristen-Pärchen die zu Mzoli's nach Guguletu wollten entführt und die Frau ermordet. Der Fall ist hier groß in der Zeitung und hat mich erst mal nicht schlecht erschreckt. Man muss aber dazu sagen, dass das Pärchen Nachts um 23:00 im township unterwegs war. Keine ideale Zeit um das „real Africa“ zu erkunden. Wer mehr dazu lesen möchte findet hier ein paar Artikel zu dem Thema:
http://www.news24.com/Tags/Topics/honeymoon_hijacking

Sunday 21 November 2010

A very african experience

Hallo zusammen.

Vor ein paar Wochenenden hatte ich das große Glück einmal etwas ganz einmaliges mitzuerleben. Ich habe zwar viel nicht verstanden, weil ich der Sprache Xhosa nicht mächtig bin, aber es war dennoch eine sehr beeindruckende Erfahrung für mich.
Patricias Arbeitskollegin lebt in Nyanga und dort war eine Art Gedenkfeier mit öffentlichen Vorträgen usw. um der Freiheitskämpfer und Opfer von 1986 zu gedenken. Ein wohl sehr wichtiges Jahr für diese spezielle Community in Nyanga. Geladen waren diverse Gäste, wie Anwälte, die der Community damals geholfen haben, Vertreter der verschiedenen Religionen, Parlamentsmitglieder des ANC und sogar ein waschechter König aus der Provinz Eastern Cape.


Es wurden sehr viele Vorträge gehalten, gesungen, getanzt und am Ende des offiziellen Programms wurde die ganze Halle, alle Anwesenden verköstigt. Die zuständigen Damen haben den ganzen Vor- und Nachmittag mit Kochen verbracht um soviel Essen zu fabrizieren. Hut ab Ladies! Es war alles sehr beeindruckend, auch wenn ich wie gesagt nicht sehr viel von den Reden mitbekommen habe, da sie alle in Xhosa gehalten wurden. Dafür habe ich die zugegebenermaßen ohrenbetäubend laute Musik der Community sehr genossen. Da steckt einfach Energie drin. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber das mit der Musik haben die hier einfach drauf. Ich hab euch ein kleines Video gedreht. Leider ist es noch zu gross um es online zu stellen, aber ich bin dran es kleiner zu bekommen. Bis dahin halt erstmal nur Fotos:


Wir haben uns noch ein wenig im township umgesehen, wo wir wirklich die einzigen Weißen weit und breit waren. Das hat natürlich für einiges an Aufmerksamkeit gesorgt, aber ich habe gehört, dass die Leute hier schon wissen, dass wir Ausländer sind, denn weißt Südafrikaner gehen für gewöhnlich nie ins township und spazieren zwischen den shacks (Wellblechhütten) rum.

Auf diesen Bild ist ganz viel zu entdecken

 

Sunday 14 November 2010

Dankbarkeit

14. November

Heute muss ich ein paar Worte des Dankes in diese Welt setzen. Denn ich fühle mich heute, mehr als sechs Wochen nach meiner Ankunft hier in Südafrika, mehr als beschenkt. Und dafür will ich danken.

Danke an alle Menschen, die meine Welt hier ausmachen.
In besonderem Maße danke ich natürlich meinen Mit-Freiwilligen und Hausbewohnern, die einen großen Anteil daran, dass es mir hier so gut geht.


Ich danke dir Patricia für deine Fürsorge und deinen derben Humor. Dafür dass du immer für mich da bist.

Ich danke dir Jana, dass du so ein ruhiger und positiver Charakter bist. Dass du den Menschen auf so einzigartige Weise zuhören kannst und so weise Ratschläge gibst.

Ich danke dir Nicola, dass du mit mir die erste Zeit dein Zimmer geteilt hast und mir so die Ankunft ermöglicht hast. Ich danke dir für deine ansteckende positive Energie und deine einzigartige Fähigkeit dich zu begeistern.

Ich danke dir Anna für die wunderbaren Erlebnisse die wir schon miteinander teilen konnten. Danke für die vielen tollen Gespräche. Danke für die Disziplin die du in unser Haus gebracht hast und dafür dass du so ein herzerwärmender Mensch bist. Und natürlich danke dafür dass deine Massagen genau das sind, was ich nach einem harten Gärtnertag gebrauchen kann.

Ich danke Jerrick und Huntington, unsere Mitbewohner aus Kenia, dass wir euch kennenlernen dürfen und ihr so liebenswerte Menschen seid. Danke dass ihr uns mit eurer Kochkunst segnet und uns Deutschen ab und an den Spiegel vorhaltet. Danke dafür dass ihr euch auf das Abenteuer „Deutsches Haus“ einlasst und so bereitwillig ein wichtiger Teil davon geworden seid. Danke auch für das wunderschöne Tuch aus Kenia dass ihr mir zum Geburtstag geschenkt habt. Es wird immer einen Ehrenplatz in meinem täglichen Leben einnehmen.

Danke Robert, dass du mich zum lachen bringst. Danke für deine einzigartige Art die morgentliche Küche zu betreten. Danke dass du mir meinen Freiraum lässt und uns alle so akzeptierst, wie wir sind.

Danke Lukas dass du mit mir hier die ersten Tage entdeckt hast und so ein unglaublich angenehmer und unkomplizierter Teil dieser Gemeinschaft geworden bist. Danke dass du so offen bist für alles was dich in dieser neuen Welt erwartet und vielen Dank dass deine seltenen Kochversuche hier so unglaublich lecker schmecken.

Ich danke dir Kristin, dass du so ein einzigartiger Mensch bist, der vieles in Bewegung bringt. Danke für deine bedingungslose Hilfe während meiner Krankheit und vielen vielen anderen Momenten. Vielen Dank dafür, dass du uns mit dem herrlichen Gemüse von Abalimi versorgst.

Danke Nadine, dass du so ein liebevoller Mensch bist. Ich danke dir von Herzen für dein Vertrauen und die tollen Gespräche die wir geführt haben und werden. Ich liebe deine positive Art die Welt zu sehen und freue mich zu sehen, dass dir gut tut, was du tust.

Ich danke dir Anne, dass du für mich immer ein offenes Ohr und dein grandioses Lächeln hast. Vielen Dank für deine Besuche in unserer bescheidenen Hütte und dass du mir dabei hilfst der Mensch zu sein, der ich gerne bin.

Danke Carolin für dein ansteckendes Lachen und deine unvergleichliche Art durchs Leben zu gehen. Danke für deine positive Ausstrahlung und dass du mich so oft zum Lachen bringst.

Danke Birgit und Mthunzi, dass ihr unsere Mentoren seid und soviel Geduld mit uns habt. Danke dass ihr immer da seid, auch ihr mal nicht da seid.

Danke SEED, dass es dieses wunderbare Projekt gibt und ihr immer noch bemüht seid es noch besser zu machen. Danke dass ihr die Schönheit der Natur und den menschlichen Aspekt von Gärten so hoch schätzt. Danke allen Mitarbeitern dass ihr alle so einzigartige Charaktere dieses Landes seid. Danke für die vielen tollen Gespräche die wir miteinander führen und dafür, dass ihr uns „Fremde“ so herzlich aufgenommen habt. Danke für die vielen tollen Erfahrungen, die wir dank euch machen dürfen.

Danke dass ich trotz der neuen Umgebung gesund bin. Danke dass ich trotz der vielen vielen Herausforderungen wie Wind, Hitze, Kälte, Dreck und Flöhe gesund und bester Laune bin. Danke an alle, die mich stark und das möglich machen.

Danke Südafrika dass du nie müde wirst uns zu fordern und zu belohnen für den Mut den wir alle hatten hier her zu kommen. Danke dass du uns aufnimmst und uns eine neue Heimat ermöglichst. Danke für die vielen vielen Erfahrungen die unser Leben verändern und uns ermöglichen weiter zu gehen, uns kennenzulernen, andere kennenzulernen und anzukommen wo wir hingehören.

Ein großes Danke an alle Menschen, Freunde und Verwandte in Deutschland und dem Rest der Welt. Ohne eure Unterstützung wäre das alles nicht möglich!
Ich danke euch allen die ihr den Kontakt zu mir haltet, die ihr interessiert seid an meinem großen Abenteuer und die ihr offen seid für all die Eindrücke die ich euch anbiete. Danke für eure seelische Unterstützung die trotz der großen physischen Distanz zwischen uns ankommt. Vielen Dank für eure liebevolle Unterstützung während der letzten Tage als die Gefühle angesichts Geburt und Tod eine Achterbahnfahrt hingelegt haben.


Und last but not least:
Ein ganz ganz dickes Danke an meinen Mann Christoph ohne den diese Reise nicht möglich wäre. Vielen Dank dafür dass du mich immer unterstützt egal wie unkonventionell mein Lebensweg manchmal verläuft. Danke für deine kraftvollen Anrufe die mir Energie für alle Herausforderungen geben. Danke dass du mich an deinem Leben teilhaben lässt und immer noch ein wichtiger Teil meines Lebens bist. Du bist mein Fundament ohne das alles einstürzen würde, ganz besonders hier wo der Wind immer heftig bläst. Ich danke dir für deine Kraft die du mir Tag für Tag sendest und ohne die ich schon zu Boden gegangen wäre. Vielen Dank dafür dass du dir ohne es vielleicht zu wissen eine buddhistische Weisheit zu Eigen gemacht hast:
„Bindung und Freiheit sind sich in der Liebe kein Feind. Denn Liebe ist die größte Freiheit und doch die größte Bindung.“      


Bleibt nur eins zu sagen:

DANKE