Sunday 19 December 2010

Endlich Sommerferien

15. Dezember

Ja, es klingt komisch, diesen Sonntag ist vierter Advent und hier beginnen die Sommerferien. Stellt euch das nur mal vor! Weihnachten ist hier keine Zeit wo man sich ins warme Haus und in sich selbst zurückzieht um Kraft zu tanken, hier legt man sich an den Strand oder geht Wandern. Ich muss zwar sagen, dass es dank des Windes nicht unerträglich heiß ist aber irgendwie besinnlich ist es auch nicht gerade.

Das Schuljahr endet hier mit dem Kalenderjahr und so sitzen wir bei SEED gerade noch die letzten Tage ab, bevor es auch für uns heißt „Ab in den Urlaub!“. Es wird noch so ein bisschen im Büro herumgegruschelt, aber im Grunde is Feierabend. Die Tage haben wir einen Reifen zum reparieren gebracht. Leider habe ich keine Bilder von dem Schuppen, aber es war wieder so richtig aufregend afrikanisch. Der Laden war ein mit Wellblech abgedeckter Bereich in dem viele Reifen lagerten, alte Teppiche aus Autos bildeten den Fussboden. In unserem Reifen steckte eine Schraube die erstmal fachmännisch mit einem Schraubenzieher entfernt wurde. Dann wurde ein Gummistück so groß und lang wie ein Bleistift auf sowas wie eine Nadel aufgefädelt und ganz tief in das Loch gezwängt. Nadel raus, aufpumpen, in einer Badewanne mit Seifenwasser abwaschen und nach weiteren Löchern suchen, fertig. Das Gummiteil schaute noch nen cm raus, aber das fährt sich weg, war die lapidare Antwort die man uns gab. Macht dann 20 Rand (ca. 2€). Tjo, so geht das in Mitchell's Plain.

Vor ein paar Wochen haben wir mit ein paar Community-Members Orangenmarmelade gemacht. Die Idee ist, dass die Leute in Zukunft selbst Marmelade herstellen, die sie dann verkaufen können. 

Theos Kochstudio, alias SEED-Office

Sehr witzig fand ich, dass die Maenner im Kurs sich eher fuer cash, also den wirtschaftlichen Aspekt der Marmeladenherstellung interessierten (Kosten, Vermarktung, Gewinn usw.) waehrend die Damen sich eher fuer guten Geschmack und weitere Marmeladen-Rezepte fuer sich und ihre Lieben begeisterten.

Man ist nie zu alt zum Lernen

Für mich ist es erstaunlich, dass die Leute nicht wissen, wie man Marmelade macht. Andererseits, wie kommt es, dass so viele Menschen in meiner Heimat wissen, wie es geht? Woher haben wir das wissen? Und das obwohl wir noch nicht mal Geld damit machen?
Neben dem Herstellen der Marmelade haben wir auch eine kleine Wirtschaftlichkeitsrechnung gemacht, damit sie auch wissen, für wieviel Geld sie die Marmelade verkaufen müssen um Gewinn zu machen. Auch dieses Wissen, Unternehmerisches Grundwissen, ist den meisten wohl sehr fremd. Ich frage mich woher das kommt. Oder mal wieder, wie es kommt, dass viele Deutsche das ganz selbstverständlich zu haben scheinen?
Und ist es dieses Wissen, das die Menschen hier brauchen um sich selbst zu helfen?

Gestern waren Yoli und ich bei einem Jungen in Guguletu, den wir mit Gartenutensilien versorgt haben. Er ist Schüler an einer „unserer“ Schulen und hat sich zuhause einen kleinen Garten, nicht größer als ein kleines Zimmer, aufgebaut. Es war für mich richtig toll mal ein Haus im Township zu besuchen. Es war ein gemauertes Haus, aber man konnte sehen, dass sehr oft und mit allen möglichen Materialien angebaut wurde. Im Haus waren viele Kinder und Frauen versammelt. Deshalb auch der Anbau. 

Nachwuchsgaertner in Gugs?

Trotzdem hat dieser Junge es geschafft in diesem klitzekleinen Hinterhof eine grüne Oase zu schaffen. Zugegeben noch sehr rudimentär und ohne Permakultur, aber immerhin. Wir haben ihm also Gemüsesämlinge, Erdbeerpflanzen (immer sehr begehrt), ein paar Sträucher, Kompost und Mulch mitgebracht. Über die Ferien darf er sich die Gießkanne von uns ausleihen. Seine Mama war auch da und stolz wie Oskar, dass ihr Junge sich lieber um den Garten kümmert, als auf der Straße rumzuhängen und Mist zu machen, wie sie sagt. Sie war so dankbar für die Materialien dass sie uns Geld dafür gegeben hat. Sie sagte, wir dürfen das Geld nicht ablehnen, weil es ihr Herzenswunsch ist uns zu danken. Sie hat das in Englisch gesagt, damit ich es auch verstehen kann. Ansonsten wurde nämlich nur Xhosa gesprochen. Ich finde das sehr aufmerksam und respektvoll. 

Minigarten in Guguletu
Yoli beim Erklaeren

Ich  bin nicht ganz sicher, aber ich glaube, dass diese Menschen einfach unglaublich schwer Zugang zu den Materialien haben und es für sie eine große Sache ist, wenn ihnen jemand etwas davon bringt. Sie wissen einfach nicht, wo sie Kompost herbekommen sollen und ohne wächst auf dem Sand halt nix. Und eine „Baumarktflut“ wie man sie zuweilen in Bayern feststellt gibt es hier nicht.

Das war nochmal ein schönes Erlebnis vor den Ferien.
Eine andere Sache die ich sehr schön finde zur Zeit ist die Vorfreude auf Christoph, der am Sonntag kommt. Viele Leute wollen ihn kennenlernen. Ihn, diesen unglaublichen Typen, der seine Frau für ein Jahr gehen hat lassen, damit sie jetzt hier sein kann und den Leuten hier mithilft. Sie fragen sich bestimmt was für ein Mensch das ist. Vor allem der Direktor von Rocklands ist sehr neugierig auf Christoph, aber er wird ihn wohl (erstmal) nicht kennenlernen, da ja Ferien sind. Auch meine Kollegen sind sehr (angenehm) neugierig und Theo wird Christoph sogar mit mir vom Flughafen abholen. Ich finde es toll wie warm und herzlich diese Menschen hier neue Erfahrungen begrüßen. Die Grundeinstellung gegenüber Fremden ist positiv, nicht misstrauisch. Eine tolle Eigenschaft.      

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