Friday 25 March 2011

KW 12 Teil 2

KW 12
Teil 2

Donnerstag.
Der Tag fing ganz normal an. Bood hatte noch im Auto ein bisschen mit unseren Muffi-Namen geblödelt (setzt sich zusammen aus dem Namen des ersten Haustiers das man hatte und dem Mädchenname der Mutter. Demnach war ich Hoppel Zant, Nadine Ronja Oehler und Bood Chinky Kelly). Rex Cupido alias Shaun half uns beim Einladen und wir wollten gerade fahren als Bood die zwei Typen außerhalb des Schulzauns sah, die gerade einen Motorradfahrer vermöbelten. Sie rissen ihm den Helm vom Kopf und schlugen ihn mit voller Wucht ins Gesicht. Bood ist sofort in die Schule und hat den Principal der Rocklands Primary, Mr. Pretorius, gebeten die Polizei zu benachrichtigen. Dann wollte er mit unserem Bakkie vorbeifahren und unauffällig die Nummer auf dem Nummernschild notieren. Ich hätte das auch unauffällig gemacht aber irgendwie hatte Bood auf einmal die Idee, dass er davon ein Foto haben wollte. Die Typen zogen gerade ab und wir fuhren an ihnen vorbei als Bood das Fenster runter kurbelt und ein Foto macht.  Da haben die Typen blitzschnell umgedreht und uns verfolgt, aufgeblinkt wie blöd und als wir nicht reagiert haben sind sie mit aufheulendem Motor an unsere rechte Seite geprescht und wollten dass wir links ran fahren. Sie seien Cops und wollten das Foto. Die Polizeimarke blinkte kurz auf. Bood hat sich geweigert und gemeint dass er zurück zur Schule fährt, weil er den Typen nicht traut. 

Zurück an der Schule gabs dann erst mal ein heftiges Wortgefecht. Mr. P, wie Mr. Pretorius auch genannt wird kam sofort aus der Schule und bezeugte dass auch er gesehen habe wie die zwei Polizisten den Motorradfahrer fertig  gemacht hätten. Nach einigem hin und her („Löschen sie das Foto!“ „Nein!“) kam die Polizei, die uniformierte Polizei angerauscht. Heraus hüpften wenigstens 5 Polizisten in voller Montur, Kugelsicherer Weste, Schusswaffen und Hockeyschlägern.... Hockeyschläger???!!!!
Jetzt kam auch Shaun dazu und hat sich ruhig vor den Cops aufgebaut.

Eine seltsame Szene. Da stehen diese zwei Schlägercops (angeblich Detectives aus Claremont) in ihren blitzenden Lackschuhen und Designerkrawatten (Schusswaffe am Gürtel) vor uns und drohen Bood. Sie hätten den Motorradfahrer nur zur Rechenschaft gezogen, weil der sie beschimpft hat und ihnen den Mittelfinger gezeigt hat. Die Polizei in Kampfmontur hatten einen Autodiebstahl vermutet und guckten jetzt etwas enttäuscht, dass es sich „nur“ darum handelte. Bood kicherte neben mir nervös vor sich hin. Mr. P stand ruhig wie ein Fels rechts neben uns und bezeugte immer wieder, dass er und viele andere Menschen die zwei gesehen haben, wie sie vor seiner Schule ihre Macht missbrauchten und den Jungen geschlagen haben. Zu unserer Linken stand ebenso ruhig Shaun. Mit seiner schwarzen Wollmütze und dem blutunterlaufenem Auge sah er wohl eher wie die typische Kundschaft der Polizei aus.

Die Polizei rückte mit den Worten „Ach, war doch nur ein Missverständnis“ ab, die beiden Detectives setzten noch einmal vergeblich zu einem Einschüchterungsversuch an, notierten sich die Nummer vom SEED-Bakkie und zogen dann mit quietschenden Reifen von Dannen. Bood war völlig fertig und brauchte erst mal einen Tee auf den Schreck. Eigentlich hätte er einen Schnaps gebraucht, wir beide. Wir setzen ihn auf die Einkaufsliste.
Da Boods Kamera noch im Bakkie war bin ich mit Rückendeckung von Mr. P raus und hab erst mal alle Wertsachen aus dem Bakkie geholt. Mir war nicht ganz wohl, da ich auf dem Parkplatz ein Auto wie das der Cops sah mit zwei dunklen Köpfen darin. Schnell schnell Zeug holen und wieder rein in die sichere Schule.

Mr. P nahm mich erst mal in den Arm und meinte lächelnd zu mir „Das war heute eine schwere Lektion über Südafrika, was? Genau aus diesem Grund sollten sie nach diesem Jahr auch wieder nach Deutschland zurückkehren.“

Mr. P hat mir noch so einiges aus seinem Leben erzählt, wie korrupt die Polizei ist und wie selten Zivilcourage ist. Viele gucken lieber weg und wollen nicht in den Ärger mit hineingezogen werden. Zumal Ärger in Südafrika wahnsinnig schnell lebensbedrohlich werden kann. Alle, Mr. P, Bood und Shaun meinten dass die Cops den Motorradfahrer durchaus hätten erschießen können, wenn die Situation sich aufgeschaukelt hätte. Waffen haben sie ja. 
Die Kinder, so Mr. P, reagieren schon gar nicht mehr geschockt auf Schlägereien. Sie seien abgestumpft und zeigen kein Interesse, wenn es mal Konflikte gibt. Schutzmechanismus. Die Statistik über Kriminalität und Korruption in Südafrika sei hier in Mitchells Plain am Leben.

Was mich an dem ganzen Vorfall überrascht hat, war meine eigene Reaktion darauf. Ich war natürlich nervös bei all den Emotionen und Aggressionen, die da ausgetauscht wurden, aber ich muss gestehen so richtig Angst hatte ich nicht. Warum weiß ich auch nicht. Vielleicht weil ich mich sicher in der Anwesenheit von Bood gefühlt habe, vielleicht wusste ich auch einfach nichts anzufangen mit der ganzen Situation. Ich stand irgendwie daneben und habe beobachtet. Vielleicht habe ich mich auch einfach aus der Verantwortung gezogen. Kopf einziehen? o.O
Ich habe in jedem Fall sehr sehr viel Respekt vor dem Mut, den Bood und Mr. P heute gezeigt haben diese Sache nicht einfach zu ignorieren, sondern mit dem Finger drauf zu zeigen. Wenn die Polizei in Südafrika um ein besseres Image bemüht ist, sollten sie solche Sachen ernster nehmen als es die Polizei von Mitchells Plain heute leider getan hat.

Die Junge Generation muss aufraeumen

Um dem Tag noch das besondere Extra zu geben hat sich einer der Arbeiter beim Pferdestall, wo wir immer unseren Mist holen, dazu entschlossen eine wohlbekannte und immer wieder nervige Platte abzuspielen:
„Wie heißt du nochmal? Monika... Ein schöner Name. Du bis hübsch Monika... sehr hübsch. Und du hast einen Freund in Deutschland? Hm, das ist doch sehr weit weg. Du brauchst auch einen Freund in Südafrika. Wie wärs?“
Er kam dabei so nahe dass ich es schon sehr aufdringlich fand. Als ich ihm den Ring gezeigt und mein Desinteresse bekundet habe, hat er schnell aufgegeben. Zum Glück. Ich war froh, dass Bood in der Nähe war. Just in case.

Sorry Stalljunge, ich hab meinen Prinzen

Aber hey, wollten wir nicht eigentlich zur Schule? An diesem Donnerstag waren wir in Gugs, alias Guguletu an der Fezeka Highschool. Das witzige an der Schule ist, dass der Garten an einer vielbelaufenen Straße liegt und man eigentlich alle Nase lang mit jemandem Quatschen muss. Jedes Kind bleibt wie angewurzelt am Zaun stehen und brüllt erst mal ungläubig „uMlungu!!!“ („Weiße!“) und probiert dann ein paar Brocken englisch zu sprechen.
Als wir gerade das Loch für die Bananengrube ausgehoben hatten kam ein Mann mit seinem Woolworth-Einkaufswagen am Zaun entlanggerattert der uns interessiert beobachtete. Sein orangenes Diesel T-Shirt war mit großem Aufwand gleichmäßig zerlöchert worden, genau wie sein schwarzer Filzhut den eine paar weiße Plastik-Blumen zierten. Er lächelte uns mit seinen wenigen schwarzen Stümpfen im ansonsten zahnlosen Mund an und fragte uns dann was wir hier machten. Er klang intelligent. Etwas verrückt, aber intelligent. Als wir es ihm erklärten meinte er energisch, dass in Gugs keine Bananen wachsen, Er sei 63 Jahre und kenne den Grund auf dem die Schule stehe. Das sei vor 50 Jahren ein Schrottplatz gewesen. Der Boden sei nichts wert. Und er habe immerhin einige Jahrzehnte als Gärtner gearbeitet, unter anderem in den Weinbergen von Stellenbosch. Er malte uns mit seinen Crocs im Sand auf, was die einzige Möglichkeit wäre um hier irgendwas anzubauen. 
Er brachte Bood damit auf die Idee die gesamte Bananengrube mit Zeitungspapier auszulegen und so eine Art Papiertopf zu machen in dem sich die Nährstoffe halten. Also tapezierten wir die gesamte Bananenspirale mit der Cape Argus: „Minibus mit 35 Kindern vollgeszwängt“ (Ein Minibus hat offiziell ca. 15 Sitzplätze und keine Stehplätze).

Zurück im Office waren Bood und ich uns einig: Dieser Tag verlangt nach einem Schnaps!
Ein Schnaps ist es bei mir nicht geworden, dafür eine Tafel Nussschokolade. Die beruhigt auch.

KW 12 Teil 1

KW 12!

Was für eine Woche! 
So ereignisreich, dass ich zwei Einträge draus gemacht habe.
Sie fing unglaublich gut an mit dem Human Rights Day. Feiertag und damit frei. Wir haben einen wahnsinnig schönen Tag bei Birgit unserer Mentorin verbracht. Gemeinsam Yoga machen, im Pool schwimmen und dann gemeinsam kochen und essen. Ein sehr gelungener Tag also.

Dienstag fielen Bood und ich dann erstmal in ein gewaltiges Stimmungstief. Die Schule an der wir waren ist schwer zu betreuen. Der Standort ist unglaublich exponiert, windig und sandig. Eigentlich nichts Neues in den Cape Flats, aber ein noch viel größeres Hindernis sind die Menschen dort. Der Reihe nach.
Der Garten hat ein Wasserproblem. Aus irgendeinem Grund ist das Wasser das in den Garten gepumpt wird orange. Das sieht vor allem an den Pflanzen sehr unappetitlich aus, die alle einen orangen Überzug haben. Wer will schon solches Gemüse essen. SEED hat eine Laboranalyse an dem Wasser durchführen lassen. Das Ergebnis lautete ganz lapidar „Das Wasser ist salzig“. Ich fühl mich nicht wirklich schlauer.
Bood wollte jedenfalls das Wasserproblem ganz neu angehen und hat einen Kanal von der Dachrinne bis zum Garten gegraben. Regenwasser ist sauber. Er nennt es den „River“.
Außerdem will er dem kargen Boden mit Trenchbeds beikommen. Trenchbeds sind knietief ausgehobene Beete, die mit organischem Material gefüllt werden. Oben auf wird dann gepflanzt. Im Grunde so als würde man auf einem Komposthaufen pflanzen. In einigen seiner Schulen hat das schon wunderbar geklappt und sie können die tollsten Ernten einfahren.

Als wir diesen Dienstag allerdings nach Delft kamen war der River mit Müll und Kompost gefüllt. Bis oben hin. Das Trenchbed dagegen war nicht gefüllt. Schlimmer noch. Der Mann der eigentlich den Garten wässern soll hat mal eben seinen eigenen Garten neben unseren angelegt.... mit unseren mühsam angeschleppten Materialien. Er meinte er fänd einen Blumengarten ganz nett. Ja, das finden wir an sich auch, aber nicht wenn er die Ressourcen die für den Gemüsegarten der Schule gedacht sind dafür verwendet. Bood war außer sich. „Der nimmt UNSEREN Kompost, UNSEREN Mulch und UNSER Holz um seinen total überdimensionierten Garten hier anzulegen!“
Putzig war auch, dass „der Gärtner der Schule“ zwei Wochen vorher eine ganze Reihe Windschutzhecken einfach mal rausgerissen hat. Waren wohl seinen Blumen im Weg, die 10 Meter entfernt stehen. Natürlich hat sich Bood darüber aufgeregt und ihm mal vorgerechnet welchen Wert die Pflanzen hatten die er da so feinsäuberlich auf einen Haufen geworfen hat (ca. 500Rand, was sehr viel Geld ist hier).
Als wir diese Woche ankamen waren die toten Pflanzen jedenfalls alle mindestens genauso feinsäuberlich wieder in einer Reihe aufgepflanzt. Zwar alle gut 30cm zu tief und manchmal auch nur vertrocknete wurzellose Stöcke aber wer weiß? Vielleicht geschieht ein Belebungswunder in Delft.

Der Garten war einfach nur frustrierend und man wusste gar nicht wo man anfangen sollte. Aber zu allem Überfluss fühle ich mich auch von den Menschen her nicht wohl dort. Die Kinder kommen mir viel aggressiver vor als an anderen Schulen, schlagen sich dauernd und werfen mit Steinen. Sogar nach Bood hat ein Junge einen Stein geworfen. Auch die Präsenz von Drogen dort ist unglaublich. Auf der Straße neben dem Garten wankte irgendwann ein Typ vorbei der mit sich selbst sprach und dabei ständig kicherte. Alle Leute um uns herum haben ihn ausgelacht und die Kinder haben mal eben erzählt dass der Typ auf Tick (= Crystal Meth) ist. Im Anschluss haben sie uns auch gleich noch über Details wie dem derzeitigen Tick-Preis und die Wirkungsdauer der Droge aufgeklärt. Es ist erschreckend dass 10-jährige so viel über Tick wissen, aber keine Petersilie kennen. Wir haben gemutmaßt ob vielleicht auch der „Blumengärtner“ nicht ganz clean ist.

Naja, to make a long story short, Der Dienstag war absolut frustrierend. Bood möchte die Schule am liebsten aufgeben, da auch die Lehrer kein großes Interesse am Garten zeigen.



Mittwoch wurden wir dafür mit einer absoluten Traumschule belohnt in der wir eine Bananengrube gebaut haben. Der Schulgarten quoll förmlich über von Pflanzen. Natürlich war auch hier viel Unkraut dabei, aber da bin ich schon gar nicht mehr so penibel, Hauptsache es grünt und blüht. Und das hat es. Überall sind Kirschtomaten aufgegangen und die Erdbeeren bahnen sich ihren Weg durch den gesamten Garten. Eine grüne Oase in Mitchells Plain. Und der Principal (Direktor) war überaus begeistert von unserer Bananengrubenidee. Er unterstützt unsere Pläne und das ist immer eine gute Sache. Zudem hat uns die Schule einen Lehrer an die Seite gestellt, der ausschließlich uns helfen soll, wenn wir da sind. Sein Name ist Charles, er ist aus Zimbabwe und ein wahres Goldstück. Sympathisch, wissbegierig und arbeitswillig stand er uns mit seiner unglaublich angenehmen ruhigen Art zur Seite.

Wir hatten gerade ausgeladen, da brachte uns der Principal 7 ganz offensichtlich aufmüpfige Teenager vorbei, die helfen sollten. Ich bin sicher dass sie was ausgefressen haben und er wollte sie mit der Arbeit bestrafen. Sie waren entsprechend motiviert und wollten nicht so recht in die Puschen kommen. Statt dessen haben sie sich lautstark beschwert, als ich ihnen erklärt habe, dass sie erstmal ein Loch graben müssten. Das haben sie dann doch ganz ordentlich gemacht und irgendwie wurden sie immer leiser und aufmerksamer als die Spirale so langsam Gestalt annahm. Und die, die zuerst am lautesten protestiert hatten waren es plötzlich, die am meisten mitgeholfen haben. Zuletzt hatten wir eine sehr reich bepflanzte Bananapit, die ganz anders aussah als die, die wir die Woche davor gebaut hatten. So ist das irgendwie. „Jede Schule ist ein eigenes Kunstprojekt“ wie Bood immer sagt.

Monday 21 March 2011

Ups and Downs

Wieder ist eine Woche voller Ereignisse vorbei.
Eine Woche in der ich meinen USB-Stick verloren habe an dem leider ein Mitbringsel aus Japan von Wolfgang dran hing. Der Stick war nicht so besonders, aber um den Anhänger tuts mir leid.

Anfang der Woche streikten die Minibus Taxifahrer. Warum weiß ich nicht so genau, denn ich habe mindestens 2 Versionen gehört. Die eine hatte mit einer geplanten Reform des öffentlichen Transportsystems, die andere mit sich häufenden Polizeikontrollen zu tun. Wie auch immer. Wer denkt Streiks laufen hier so ab wie in Deutschland ist natürlich falsch gewickelt. Die Streiks haben in einigen townships zu heftigen Unruhen geführt. Steine werfen, Leute umrennen und Autos anzünden stand an der Tagesordnung. So konnten einige von meinen Mitbewohnern Anfang der Woche nicht zur Arbeit, weil es zu noch zu unruhig war. Auch ich habe am Freitag noch ein ausgebranntes Auto in Philipi gesehen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell hier Situation in Richtung Gewalt eskalieren. Es braucht nicht viel, schon werden die Fäuste geballt. Und damit meine ich nicht den ANC-Gruß.

In der Springdale Primary in Lentegeur haben wir an unserm „Großprojekt“ Windmoon gearbeitet. Da der Wind dort an manchen Tagen so extrem pfeift dass man im Garten ge-sandstrahlt wird  haben wir angefangen stabilere Windschutzmauern zu bauen. Ja, selbst die Pflanzen haben Probleme anzuwachsen, wenn der Wind soooo extrem bläst. Also bauen wir jetzt aus alten Reifen und Sand Mauern in Halbmondform und pflanzen in die Mitte je einen Obstbaum. Es ist harte Arbeit für alle beteiligten. Die Kinder schaufeln Tonnen von Sand in die Reifen und wir SEEDlinge haben alle Hände voll zu tun aufzupassen, dass sie das auch machen und sich nicht streiten oder verletzen. Nein, mal ehrlich, die kids in Springdale sind super und arbeiten unglaublich ambitioniert mit. Man muss nur manchmal die Energien in die richtige Richtung lenken. … und mit dem Krach auskommen. Ja, 50 Kinder können einen ganz schönen Krach veranstalten und ich weiß nicht wie oft „Auntie“ (Tantchen) schreien. So nennen sie jeden Erwachsenen dessen Namen sie nicht kennen. Männer sind natürlich „Uncles“ aber im Fall von Bood rufen sie immer „Mister Bood“ bis es sogar ihn zur Weißglut bringt.

Reifen und Kinder im Ueberfluss
 
Auf jeden Fall sehen unsere Windmoons die wir dann noch schön bepflanzen unglaublich toll aus und bieten dem Wind erstmal besser Widerstand als Hecken.
In dem Zusammenhang habe ich mich gefragt wo die ganzen Reifen herkommen, die wir hier alle kostenlos zusammenklauben. Oder mal wieder andersherum: Was passiert mit den ganzen alten Reifen in Deutschland? Wo sind die tausende von Reifen aus denen mal soviel tolles bauen kann? Bood hat erzählt dass in Mitchells Plain eine Familie sogar ein ganzes Haus aus Reifen gebaut hat. Aber weil sie mit Tick und anderen Drogen gehandelt haben wurden sie und das Haus von den „Officials“ entfernt. Schade, das Haus hätte ich gerne gesehen. Isoliert bestimmt gut so ein Reifen.

Reifen auslegen und graben

Der Baum zeigt die Hauptwindrichtung an.



Schoen mit Windbreakern bepflanzen.

Olivenbaeumchen hinter die Reifen pflanzen, fertig

Am Freitag kam Shaun mit seiner Frau Shannon vorbei. Er sah viel besser aus und konnte wieder aus beiden Augen sehen, aber dafür ist gerade eine Gesichtshälfte etwas unbeweglich. Eingeklemmter Nerv. Ein Arzt hat ihm eine doppelte Schädelfraktur diagnostiziert und demnächst wird er auch operiert. Welch Glück. Seine Frau Shannon die dabei war konnte ich auch mal etwas besser kennenlernen. Sie hat Krebs und ich bewundere ihren Optimismus und ihre positive Ausstrahlung sehr. Es macht einen sehr starken Eindruck auf mich, wenn ich so starken Persönlichkeiten treffe, die es so so viel härter im Leben haben als ich. Und ich höre sie nicht jammern. Dabei hätten sie allen Grund dazu. Immerhin jammert unsereiner wegen viel weniger gravierenden Dingen. Puh, Moni, nimm dir mal ein Beispiel!

Ende der Woche wurde es nochmal richtig heiß. So heiß, dass Bood und ich Freitag Mittag auf ne kurze Abkühlung ans Meer gefahren sind. Ist ja nur um die Ecke. Vergisst man gerne mal im Alltag von Mitchells Plain.
Auch am Samstag lagen wir größtenteils nur am Strand von Fishhoek und ließen uns den kühlen Wind um die Nasen blasen. Dort habe ich an einer Gemeinschaftsmeditation für Japan teilgenommen. Ich habe über das Internet davon erfahren und war sofort begeistert, auch wenn ich niemanden von den anderen Teilnehmern gesehen habe. Aber ich glaube an die Kraft der Gedanken und so bin ich froh wenigsten diesen kleinen Beitrag geleistet zu haben.

Am Abend sind wir dann wieder auf das „andere“ Südafrika gestoßen auf dem Cape Town Carnival. Es ist ein bisschen wie ich mir den Karneval in Rio vorstelle mit kapstädter Einfärbung natürlich. So war die Parade von lebensgroßen Tieren Südafrikas aus Moosgummi angeführt. Sehr beeindruckend die Bewegungen. Es durften sich die verschiedenen Kulturen Südafrikas genauso präsentieren wie die Schwulenszene, der Harley Club und tanzfreudige ältere Damen. 

Hauros wandelndes Schloss ist gerade in Cape Town

Es war sehr schön anzusehen auch wenn ich mich bei solchen Events immer etwas seltsam fühle. Mein Arbeitsalltag ist von Armut und Improvisation geprägt, nicht von dem Überfluss und Reichtum den Cape Town sich so leistet. Ja, noch immer plättet mich der Kontrast und ich glaube nicht dass das je anders sein wird.


Ein bisschen Rio

Der Chickenman. Eine Homage an KFC?


 


Kudu in Moosgummi. Tolle Bewegung

Jellyfische...


... und andere Gestalten zogen durch die Stadt

Aber an jenem Abend haben Patricia, Anna und ich noch eine ganz besondere Erfahrung machen dürfen. Nach dem Umzug mussten wir irgendwie heim kommen und durch die ganzen Menschen die sich wie wir die Parade angesehen hatten waren kaum Taxis auszumachen. Es fuhren sogar vereinzelt Minibus Taxis und obwohl wir von unseren Mentoren aufs Strengste davor gewarnt wurden bei Dunkelheit Minibus zu fahren haben wir einfach mal eins gefragt ob es uns mit nach Obz nimmt. Der Fahrer wollte nicht. Er fahre woanders hin. Aber im Bus saßen schon drei big Mamas und haben den Fahrer erstmal herb in Afrikaans angemault, dass er uns da doch absetzen kann. Gegen Mamas kommt man nicht an, also hat der Fahrer schnell klein bei gegeben und so sind wir im Schutz der Mamas von Afrika bei Nacht im Minibus gelandet. Als er uns an der Main Road rausgelassen hat wollten die Mamas noch einmal besorgt wissen ob wirs noch weit haben, ob wir sicher sind. Wir drei haben ganz selbstsicher gesagt, dass es ok ist und waren uns in einer Sache tatsächlich sicher: Der Minibus hätte uns bis vor die Haustür gefahren, wenn wir etwas anderes gesagt hätten.
This is africa!

Die Maedels haben das im Griff!

Wednesday 16 March 2011

Ueberraschungen

13.Maerz

Auch diese Woche war wieder sehr abwechslungsreich und mit vielen Überraschungen bestückt. Schönen wie weniger schönen.
Diese Woche konnte ich meine erste Olive frisch vom Baum probieren. In Paarl, nahe Kapstadt wachsen die Olivenbäume an jeder Ecke und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand die Oliven erntet. Ich hab mir jedenfalls mal eine geschnappt und voller Vorfreude hineingebissen.... erste Überraschung der Woche! Frische Oliven schmecken alles andere als lecker. Es ist ein Geschmack zwischen scharf und unglaublich bitter. Nichts was man gerne im Mund behält und man leider noch lange danach schmeckt. Ich bin dann belehrt worden, dass Oliven erst für mehrere Monate in Salzlake eingelegt werden müssen, bevor man sie essen kann. Ich frage mich, wer auf die Idee gekommen ist diesen kleinen Früchten so viel Aufmerksamkeit zu schenken? Wer hatte die Idee dazu diese bitteren Dinger in Salzlake zu packen und dann ein paar Monate zu warten? Meine Hochachtung davor, denn eine Welt ohne Oliven und Olivenöl will ich mir gar nicht vorstellen.

Anders als Oliven sind diese kleinen Dinger zum sofortigen Verzehr geeignet


Eine andere Überraschung habe ich diese Woche auf den PCs von SEED entdeckt. Viren. Hunderte, an einem PC sogar tausende infizierte Dateien. Und das trotz Virenscanner. Wie machen diese Biester das nur immer wieder?
Es hat ganz schön gedauert bis ich die PCs wieder virenfrei hatte, was aber auch daran liegen kann dass ich kein PC-Mensch bin. Für mich muss ein PC funktionieren. Ist mir egal wie er das macht, aber laufen muss er. Mit viel Hilfe von Christoph und dem Internet hab ich es aber dann doch irgendwie geschafft die Computer zu reinigen. Puh! Meine Aufgaben bei SEED sind wirklich vielfältig. 

Da heisst es den Grips anstrengen oder "Wo isn's Hirn?"

Am Freitag dann bekomme ich zufällig von Anna erzählt, dass es ein schweres Erdbeben in Japan gab. Ich konnte es gar nicht fassen, denn ich hatte an diesem Tag ein wenig Radio gehört und habe nichts mitbekommen. Das hat mich schon irgendwie geschockt, dass ich in Südafrika so wenig mitbekomme. Ich meine eine ganze Schar afrikanischer Staaten treten in den Bürgerkrieg und ich bekomme kaum was mit. Die Regenbogenpresse Südafrikas bringt weiterhin ihre überaus alltagsrelevanten Nachrichten wie „Woman breast feeds puppy“ („Frau stillt Welpen“) oder „Man marries his goat“ („Mann heiratet seine Ziege“).
Jedenfalls bin ich dann flugs ins Internetcafe und habe mich auf den neuesten Stand gebracht. Ich bin sehr froh dass unseren Freunden und deren Familien in Japan nichts passiert ist. Wie schnell sich doch die Welt ändern kann.
Aber manchmal bin ich schon etwas überrascht wie einfach man hier das Weltgeschehen verpassen kann.

Township-Gefaehrt

Noch eine Überraschung, ich habe mein erstes Paket aus Deutschland bekommen. Das war vielleicht aufregend kann ich euch sagen. Wie Weihnachten! Es war von meiner Freundin Johanna und enthielt lauter schöne Sachen über die ich mich sehr gefreut habe. Unter anderem japanischen grünen Tee der sehr gut zu meiner derzeitigen Sehnsucht nach japanischen Produkten v.A. Lebensmitteln passt.
Vielen vielen Dank Johanna!!!

Auch am Montag gab es eine Ueberraschung. Shaun, unser Gaertner in Rocklands wurde am Wochenende uebelst verpruegelt. Eine Wunde am Hinterkopf und ein geschwollenes Auge so gross wie ein Tennisball zieren sein Gesicht. 
Er hat nicht genug Geld um sich einen Arzt zu leisten, spricht aber schon von Rache da er die Typen erkannt hat die ihn so zugerichtet haben. 
Als ich gefragt habe ob man nicht zur Polizei gehen kann erklaerte man mir, dass Shaun dann erst recht Probleme bekaeme und die Polizei ohnehin nichts tun kann. 

Ansonsten fällt mir in dieser Woche besonders auf, dass das es deutliche kühler ist. Wir haben zwar immer noch schönen Sonnenschein, aber es hat jetzt ziemlich schnell auf angenehme Temperaturen um die 23°C abgekühlt. Vielleicht kommt doch langsam der Herbst?




PS: Ich habe lange mit dem Einstellen dieses Artikels gezoegert. Ich bin gerade ueberwaeltigt von den Ereignissen in Japan und fuehle mich sehr hilflos und traurig deswegen. Trotz meines afrikanischen Abenteuers sind alle meine Gedanken gerade in Japan, meiner alten Liebe. Ich wuensche den Menschen dort viel Kraft, Gesundheut und Geduld diese Tage durchzustehen. Ganbatte! Ihr schafft es! Ich denk an Euch.

Wednesday 2 March 2011

Bananapit

2. Maerz

Hallo ihr Lieben

Da bin ich wieder zurück vom Zwischenseminar und sowas von motiviert und glücklich mit meiner Arbeit hier bei SEED. Das Zwischenseminar fand in Hogsback in einem Educationcamp namens Hobbiton statt. Wenn ihr denkt das klingt doch irgendwie wie Harry Potter und Herr der Ringe... hab ich auch gedacht. Die Gegend war so ganz anders als Cape Town. So grün und europäisch mit Gänsen auf Wiesen, Wäldern, Wasserfällen und üppigem Grün. Ich hab mich wirklich ein bisschen an die Alpen erinnert gefühlt wären da nicht ein paar frei rumlaufende Affen gewesen. Oh und endlich ein paar wilde Kniphofia, meine Lieblingsstauden aus der Lehrzeit. Das war natürlich ein Highlight für mich. Fotos habe ich keine gemacht, muss ich zu meiner Schande gestehen. Ich wollte einfach mal nur da sein, ohne zu dokumentieren.
Das Seminar hat mir nochmal viel Gelegenheit gegeben über meinen Freiwilligendienst nachzudenken und meine Ziele dafür zu formulieren. Es tut gut sich nochmal bewusst zu machen, was man hier schon alles geschafft und geleistet hat aber sich gleichzeitig nochmal selbst für die zweite Hälfte anzufeuern. Und mal wieder stelle ich fest, dass ich genau das richtige Projekt für mich gewählt habe. Besonders heute wird mir das wieder klar, dass ich gerade genau da bin, wo ich sein will.

Zurück in Cape Town ist wieder alles etwas vertrocknet und sandig. Der Wind macht grad Pause und ich erlebe eine der heißesten Wochen, seit ich hier bin. Normalerweise verschafft uns der Southeastern, also der Wind aus Südosten kommend, hier immer eine angenehme kühle Brise, sodass es immer gut auszuhalten ist. Aber die Tage hat irgendjemand den Wind ausgemacht und schon brüten wir hier bei lauschigen 38°C im Schatten. Am Montag waren wir an einer Schule in Paarl und da war es locker nochmal 2°C wärmer... Zum dahinschmelzen sag ich euch. Und dann kommt aus keinem Wasserhahn mehr kaltes Wasser. 

Sonnenkinder
 
Die Leute hier haben so ihre eigenen Strategien ausgetüftelt. In Amstelhof, der Primary School in Paarl z.B. hat jede Klasse ihren 5 Liter Kanister Wasser in der Tiefkühltruhe (die im Lehrerzimmer steht). In diese Flasche, die nach 24h ein einziger Eisklotz ist, füllt man dann nach und nach pisswarmes Wasser, lässt es runterkühlen und schenkt es dann an die versammelte Klasse aus. Die stellen sich einmal am Tag alle schön in Reih und Glied an um ein Glas eiskaltes Wasser zu bekommen. 

Der Garten der Duneside Primary School

Heute waren wir wieder in Mitchells Plain. Etwas wärmer, aber noch immer nah an den 38°C. Für mich war es das erste Mal an der Duneside Primary School und obwohl der Garten leider gnadenlos verunkrautet ist habe ich mich spontan wohl gefühlt. Manche Gärten haben einfach was, egal wie chaotisch sie aussehen. Manchmal fühlt man sich auch im grünen Chaos wohl. Der einzige Wermutstropfen sind die vielen Dornen an dieser Schule. Ja, hier hat sich ein Unkraut angesiedelt das wirklich nicht zu tolerieren ist. Die Samen haben zweit böse Spitzen die sich sogar in Schuhsohlen bohren. Needless to say dass so ein Dorn in der Hand auch höllisch weh tut. Zumal die Spitzen gerne auch mal abbrechen. Es ist kein Spaß mit bloßen Händen in dieser Erde, äh Sand zu arbeiten. 

Wer denkt sich sowas nur aus?!

Heute stand die Banana Pit (Bananengrube) auf dem Plan. Das Prinzip ist einfach. Da Bananen unglaublich viel Wasser und Nährstoffe brauchen und am Regentank eigentlich immer mal kühles Nass abfällt, wenn man sich die Hände wäscht, pflanzt man die Bananenstauden direkt vor den Regentank. Damit mehrere Pflanzen getränkt werden können pflanzt man sie in einer Spirale um die das Wasser dann fließt. In der Mitte der Spirale ist eine Grube in die man Kompost, Küchenabfälle oder auch... Bananenschalen werfen kann. So bekommen die Bananen von der einen Seite schön Wasser, von der anderen gut Dünger. In der Permaculture-Theorie kann man auch Greywater („graues Wasser“) also z.B. Dusch- oder Brauchwasser aus der Küche benutzen, aber das ist logistisch an den Schulen gar nicht so einfach.
Da wir uns ja in den windigen Cape Flats befinden hat die Banana Pit ihre höchsteigene Windschutzhecke bekommen. Um das dornige Unkraut abzuhalten haben wir das ganze nochmal kräftig mit Bodendeckern wie Sourfig (Ein Dickblattgewächs das über den Boden kriecht) bepflanzt.

Trotz der großen Hitze haben die Kinder das echt klasse gemacht und am Ende hat es denke ich jedem Spaß gemacht und wir haben was richtig Schönes da hingestellt. Aber seht selbst wie sich das ganze heute zugetragen hat. 

Ort der Geschehens

Erst mal einen Huegel aufschaufeln (lassen)...

... und mit Windschutzhecke gepflanzen.

Die Spirale formen

Auf diesem Bild gibt es wieder viel zu entdecken. Man beachte die deutsche Muelltonne

Von wegen zu schwer ... kein Problem fuer die Jungs

Bananen einpflanzen...

... und immer schoen waessern.

Und fertig ist die Bananapit :)


















































Ich bin sehr sehr glücklich, wenn ich die Fotos sehe, denn gerade habe ich richtig viel Spaß an meiner Arbeit mit SEED und den Kindern. Hitze hin oder her. So ein bisschen Sonnenbrand verheilt wieder. Aber diese Gärten stellen grüne Oasen in einer ansonsten recht kargen Gegend dar. Und das ist doch mal was!    


PS: Sorry, den komischen weissen Fleck nach dem vorletzten Foto hab ich nicht rausbekommen.